Die Bundestagswahl 2021 steht vor der Tür und bereits jetzt zeichnet sich ab, dass es vor allem um die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen der Corona–Pandemie gehen wird. Klar ist, dass das neoliberale „Weiter so“ der letzten Dekade auf ganzer Linie versagt, während auch die politische Rechte selbstverständlich keine Antwort auf brach liegende soziale Fragen liefern kann. Diese sehnt sich nach dem alten Status Quo zurück, der auch vor der Pandemie schon unerträglich war. Parallel dazu konnte unter dem Label „Querdenken“ eine gefährliche Mischung aus Neonazis, Verschwörungsideolog:innen und anderen Antisemit:innen gesellschaftlichen Boden gut machen und den Rechtsruck weiter voran treiben.
Freund:innen der schnellen Durchseuchung, wie CDU-Kanzlerkanditat und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet können auf solche Bewegungen zurückgreifen, um weiter das zu tun, was der reibungslose Ablauf der kapitalistischen Verwertungsmaschine ohnehin von ihnen verlangt: Notwendige Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, wie die Schließung von Großraumbüros und Produktionsstätten, aussetzen und in die individuelle Verantwortung abschieben.
Es zeigt sich, dass es dem Staat, wenn er von Sicherheit spricht, um eine andere Sicherheit geht.
Da geht es nicht um Gesundheit, die im Großraumbüro riskiert wird oder die soziale Sicherheit, die seit Jahrzehnten von Hartz 4 und Arbeitszwang angegriffen wird. Ebenso wenig um die ökonomische Sicherheit all der (meist migrantischen) prekär Beschäftigten, die auf Spargelfeldern, in Lieferservices oder Ähnlichem die Drecksarbeit erledigen.
Keinesfalls geht es um die Sicherung menschlicher Lebensgrundlagen, sind doch Wissenschaft und Klimabewegung kontinuierlich Diffamierungen und Angriffen ausgesetzt, während das Geschäftsmodell fossiler Energiekonzerne wie RWE abgesichert wird. Und auch von Sicherheit für Migrant:innen, Juden:Jüdinnen oder Geflüchtete und Muslim:innen vor Abschiebungen, Gewalt auf der Straße und Brandanschlägen auf Wohnungen, Wohnheime und Gebetshäuser ist definitiv nicht die Rede.
Wenn im Staat die Rede von Sicherheit ist, dann geht es um nationale Fragen, Identität und Standort. Um deutsche Ängste, nicht mehr Herr im nationalen Haus zu sein und den Attraktivitätsverlust des Wirtschaftsstandorts. Von Seiten der Rechten zugespitzt und mit Angst und Gewalt unterfüttert, müssen schärfere Gesetze her und es passiert das, was wir schon in Reaktion auf die Brandanschläge der 1990er Jahre beobachten konnten: Erfüllung der Forderungen von Rechts – Gesetzesverschärfungen im Asylrecht und Ausbau der inneren Sicherheit.
Die letzten Jahre waren davon geprägt, dass Bundes- und Landesregierungen, über die Parteigrenzen hinweg, sich alle Mühe gaben, ihre Stichwortgeber:innen aus AfD & Co. rechts zu überholen und eine Verschärfung nach der anderen beschlossen. Seien es Zuspitzungen im Asylrecht und bislang erfolglose Versuche, eindeutige Kriegsgebiete (bspw. Afghanistan) zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, vermehrte Abschiebungen oder aber zahlreiche Verschärfungen im Inneren. Etwa die der Paragraphen 113 und 114 im Strafgesetzbuch, durch die sich jede noch so kleine Widerstandshandlung gleich zum tätlichen Angriff auf Polizeibeamt:innen umdeuten und mit 6 Monaten Haft ahnden lassen kann oder die Erneuerung zahlreicher Landespolizeigesetze. Mit dem jüngst in Bayern im Schnellverfahren beschlossenen und in NRW noch geplanten Versammlungsgesetz, steht nach den Polizeigesetzen 2018 die nächste Stufe der autoritären Formierung auf dem Plan. Was eine Ausstattung der Polizei mit weiteren Befugnissen für linken Protest bedeutet, zeigten die Angriffe auf die Demonstration am 26.06. in Düsseldorf.
Als wären diese Entwicklungen für sich nicht unerträglich genug, sind deutsche Sicherheitsbehörden durchsetzt von Neonazinetzwerken. Die jüngst aufgedeckten Chats in lokalen Polizeibehörden und Preppernetzwerke wie Nordkreuz bzw. das Hannibal-Netzwerk dürften nur die Spitze des Eisbergs sein und auf ein weitaus tieferliegendes Problem deuten.
Das mag bei deutschen Behörden, die zu keinem Zeitpunkt konsequent entnazifiert wurden – und zu nicht unerheblichen Teilen sogar von NS-Verbrechern wieder aufgebaut wurden – nicht groß verwundern, öffnet aber den Blick auf das strukturelle Problem, mit dem wir uns konfrontiert sehen. Zwar folgt aus der historischen Kontinuität noch nicht, dass sie auch heute noch mit Rechten durchsetzt sind, aber sie erleichterte rechten Neulingen das Ankommen. Ein antifaschistischer Grundkonsens, die Neonazis trotz ihrer strukturbedingten Faszination für den Sicherheitssektor hätte abschrecken können, stand so auch unter einem eher schlechten Stern.
Angesichts der über Jahrzehnte vorangetriebenen Entsicherung sozialer, ökonomischer und ökologischer Lebensgrundlagen, dem Ausbau der Abschottung nach außen und dem – von Nazis durchsetzten – Repressionsapparat, um sich gegen soziale Bewegung zu verteidigen, sagen wir: It ain’t safe – gegen den autoritären Staat, seine Sicherheitsbehörden und die andere Faschist:innen und rufen dazu auf, sich an der Kampagne zur Bundestagswahl zu beteiligen.
Werdet kreativ:
- Markiert Akteur:innen der autoritären Formierung aus der Parteienlandschaft von SPD über CDU bis AfD.
- Auch die Polizei ist nicht die politisch neutrale Instanz, als die sie sich gerne bezeichnet, sondern befriedet die sozialen Konflikte gewaltsam. Sie setzt beschlossene Abschiebungen um und schwingt den Knüppel gegen linken Protest.
- Sabotiert den Wahlkampf der Faschist:innen – Material dazu findet ihr auf unserer Homepage.
- Werdet kreativ gegen Abschiebungen und organisiert Protest dagegen.
- Postet eure Aktionen mit den Hashtags #ItAintSafe #NIKA2021 auf Social Media
Beteiligt euch an den Aktionswochen vom 13.-26.09.! Zum Endspurt vor der Wahl rufen auch wir noch einmal dazu auf, Aktionen im Rahmen der Kampagne zu organisieren. Macht den Rechten und ihren vorauseilenden Nacheiferer:innen auf den letzten Meter noch einmal klar, dass auch sie vor unserem Protest nicht sicher sind.
Kommt zur Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz NRW am 28.08. in Düsseldorf. Armin Laschet wird Deutschland so regieren, wie er auch NRW regiert – zu Gunsten des Kapitals und mit harter Hand gegen soziale Bewegungen.
Und zu guter Letzt, schließt euch der bundesweiten Demonstration „Wir sind alle Antifaschist:innen. Wir sind alle LinX“ am 18.09. in Leipzig an. Autoritäre Formierung bedeutet steigende Repression gegen Linke. Lasst uns einen starken Ausdruck der Solidarität auf die Straße bringen – linker Protest ist legitim und notwendig! Freiheit für Lina!